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Verfolgte Ärztinnen und Ärzte des Berliner Städtischen Gesundheitswesens (1933-1945)

- eine biografische Datenbank -

Aktuelles

Einleitung

Unmittelbar nach der NS-Machtübernahme kam es auch auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik und im öffentlichen Gesundheitswesen zu tiefgreifenden Umbrüchen. Jüdischen und politisch unerwünschten Ärzten und Ärztinnen wurde nicht nur die Kassenzulassung entzogen, sondern sie wurden auch aus dem staatlichen und kommunalen Gesundheitswesen entfernt. Scheinlegal kaschiert wurden die Entlassungen auf der Grundlage des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 ausgesprochen. Vertreibungen und Entlassungen hatten in den städtischen Berliner Gesundheitseinrichtungen bereits im März 1933 stattgefunden. Einige jüdische bzw. als jüdisch klassifizierte Ärzte und Ärztinnen hatten sich sogar schon vor der nationalsozialistischen Machtübernahme mit einem so massiven Antisemitismus konfrontiert gesehen, dass sie „freiwillig“ kündigten.

Die Entlassungen bildeten den Auftakt zu einer Politik systematischer Entrechtung und ökonomischer Ausgrenzung, die 1938 mit dem Entzug der Approbation für alle jüdischen Mediziner einen vorläufigen Schlusspunkt fand. Nur wenigen war es erlaubt, als „Krankenbehandler zur ausschließlichen Behandlung von Juden“ tätig zu bleiben. Zahlreiche Ärztinnen und Ärzte mussten emigrieren, töteten sich selbst oder wurden schließlich Opfer der Shoah.

Zu den städtischen Ärzten und Ärztinnen zählen diejenigen, die an den zu jener Zeit städtischen Berliner Krankenhäusern arbeiteten, wie beispielsweise dem Krankenhaus am Urban oder dem damals noch städtischen Rudolf-Virchow-Krankenhaus. Betroffen waren außerdem jene, die als Stadt-, Schul- oder Fürsorgeärzte in ambulanten kommunalen Einrichtungen tätig waren oder als Wohlfahrtsärzte mit der Stadt Berlin einen Vertrag zur Behandlung sogenannter Wohlfahrtspatienten geschlossen hatten. Mit Ausnahme der am Krankenhaus Moabit angesiedelten IV. Medizinischen und der III. Chirurgischen Klinik zählten die Universitätskliniken und somit auch die Kliniken der Charité nicht zu den städtischen Krankenhäusern.

Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurden die Schicksale der aus dem städtischen Gesundheitswesen entfernten Ärzte und Ärztinnen umfangreich recherchiert. Die meisten von ihnen galten nach NS-Diktion als „jüdisch“. Einige wurden entlassen, da sie sich weigerten, ihre jüdischen Ehepartner zu verlassen. Wenige, im NS-Sinne „arische“ Ärzte und Ärztinnen, wurden aus politischen Gründen aus ihren Stellen verdrängt.

In dieser Online-Datenbank präsentieren wir ihre Namen sowie einige Angaben zu ihrem weiteren Lebensweg. In einem Gedenkbuch, das 2018 erschienen ist, werden die Biografien ausführlich vorgestellt:
Susanne Doetz / Christoph Kopke: "und dürfen das Krankenhaus nicht mehr betreten". Der Ausschluss jüdischer und politisch unerwünschter Ärztinnen und Ärzte aus dem Berliner Städtischen Gesundheitswesen 1933-1945. Berlin 2018 (Hentrich & Hentrich)

Das Projekt wurde angeregt durch die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Berlin und von der Historischen Kommission zu Berlin in Zusammenarbeit mit dem Landesarchiv Berlin und dem Institut für Geschichte der Medizin der Charité durchgeführt. Weiterer Kooperationspartner ist das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien (MMZ) an der Universität Potsdam.

Die Einträge in der Online-Datenbank werden bei Bedarf aktualisiert und ergänzt: Ergänzende Informationen und Hinweise auf betroffene Ärztinnen oder Ärzte, von denen wir bislang keine Kenntnis haben, sind ausdrücklich erbeten.