Emmy Klieneberger-Nobel, geb. Klieneberger

Allgemeines

Nachname:
Klieneberger-Nobel
Geburtsname:
Klieneberger
Vorname:
Emmy
Geburtsdatum:
25.02.1892
Geburtsort:
Frankfurt a. M.
Sterbedatum:
11.09.1985
Sterbeort:
England
Konfession:
mosaisch
Beruf des Vaters:
Militärdienst (Kavallerie), Kaufmann
Ehemann:
Edmund Nobel
Kommentar zum Ehemann:
Prof., Pädiater, Arzt (1883-26.01.1946) Heirat am 28.01.1944
Sonstiges:
Klienebergers Eltern waren Abraham Klieneberger (1833-1923), der seinen Namen später in Adolf umwandelte, und Sophie Hamburger (1848-1941), die beide 1874 heirateten. Abraham Klieneberger hatte 38jährig nach 20jährigem Militärdienst im österreichischen Heer erfolgreich einen Engros-Weinhandel aufgebaut, dessen Bücher mithilfe seiner Frau geführt wurden. Beide Elternteile befürworteten das Universitätsstudium der jüngsten Tochter Emmy und unterstützten diese finanziell. Klieneberger wurde als Jüdin geboren, die Eltern strebten jedoch die Assimilation an, traten aus der jüdischen Religionsgemeinde aus und nannten sich "freireligiös". Anders als Emmys Brüder Carl und Otto ließen sie sich allerdings nicht taufen. Emmy Klieneberger folgte vermutlich dem Beispiel ihrer Eltern. In ihrer Kindheit hatte Klieneberger über ihre Cousine zweiten Grades Edith Kontakt zu Clara Oppenheimer, eine der ersten in Deutschland ausgebildeten Ärztinnen. Nach dem Tod ihres Vaters 1922 lebte Klieneberger mit ihrer Mutter bis 1933 zusammen.
Emmy Klieneberger lernte neben ihrer Tätigkeit am Hygienischen Institut in Frankfurt/M. italienisch, unternahm ausgedehnte Bergwanderungen in der Schweiz, erlernte das Skilaufen und widmete sich dem Wassersport.

Ausbildung

Ausbildung und Schule:
Nach dem Besuch der Elisabethenschule in Frankfurt a. M. absolvierte Klieneberger das Lehrerinnenseminar, das sie 1911 bestand.
Um sich auf das Abitur vorzubereiten, nahm sie privat Latein- und Mathematikstunden, trat dann 1912 in die Unterprima der Schillerschule in Frankfurt/M. ein und beendete die Schule 1913 mit dem Abitur.
Im selben Jahr immatrikulierte sich Klieneberger in Göttingen für Botanik und Zoologie als erstem Hauptfach, Mathematik als zweitem Hauptfach und Physik als Nebenfach. Das daran anschließende Staatsexamen, das "pro facultate docendi", berechtigte zum Unterricht auf der Oberstufe höherer Schulen.
1917 promovierte sie in Botanik mit Zoologie und Mathematik als Nebenfächern in Frankfurt/M. "Über die Größe und Beschaffenheit der Zellkerne mit bes. Berücksichtigung der Systematik" (Dr. phil. nat.), kehrte anschließend für ein Semester nach Göttingen zurück, studierte wiederum in Fankfurt a. M. , wo sie im Herbst 1918 das Staatsexamen bestand.
Die daran anschließende einjährige pädagogische Ausbildung erhielt Klieneberger an der Schillerschule und dem damit verbundenen Mädchengymnasium in Frankfurt a. M. Im November 1919 bestand sie dort ihr pädagogisches Examen.
Mit der Schrift "Über Bakterienpleomorphismus und Bakterienentwicklungsgänge" habilitierte sich Klieneberger 1930 für das Fach der Bakteriologie in der Medizinischen Fakultät in Frankfurt a. M.

Beruf

Fachbezeichnung:
Bakteriologin
Art der Tätigkeit:
1922-1930 Bakteriologin, Frankfurt a. M.
1930-1933 Dozentin, Frankfurt a. M.
1934 Beginn der Tätigkeit als "researcher"
1934-1962 international anerkannte Forscherin in der Bakteriologie, Zürich, London
Kommentar zur Tätigkeit:
Nach Abschluß ihrer Ausbildung war Klieneberger drei Jahre als Oberschullehrerin an der Noldenschen Privatschule für Mädchen in Dresden tätig.
1922 entschloß sie sich jedoch zur Kündigung und trat eine Stelle als Bakteriologin am Städt. Hygienischen Institut in Frankfurt a. M. an. Hier habilitierte sie sich 1930 als Bakteriologin und arbeitete weiterhin am Institut bis 1933, dem Jahr ihrer Emigration, als Dozentin. Thema der Antrittsvorlesung: "Ultravisibles Leben".
In den zwanziger Jahren war Klieneberger Mitglied der deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie.
Klieneberger hat insbesondere im Exil bahnbrechende mikrobiologische Forschung betrieben, besonders zu nennen ist die von ihr entdeckte und benannte "L-Phase" der Bakterien sowie Studien über Mycoplasmen.
Von 1936 bis 1976 nahm sie als geschätzte Teilnehmerin an zahlreichen internationalen Kongressen der Mikrobiologen und der Mycoplasmologie teil.
Zu ihrem 75. Geburtstag wurde sie 1967 zum Ehrenmitglied des Robert-Koch-Instituts und zum korrespondierenden Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Bakteriologie und Hygiene ernannt.
Tätigkeitsorte:
1922-1933 Frankfurt a. M. , Städt. Hygienisches Universitätsinstitut
1934-1947 London, Lister-Institute of Preventive Medicine, Chelsia Bridge Road SW1
1947 Hygienisches Universitätsinstitut der Stadt Zürich
1947-1962 London, Lister-Institute of Preventive Medicine
Haupttätigkeitsort:
Frankfurt a. M.
London
Veränderungen nach 1933:
Jüdin nach dem Gesetz vom 07.04.1933. Im August 1933 wurde Klieneberger von ihrer Arbeitgeberin, der Stadt Frankfurt a. M. , mitgeteilt, daß sie ohne Pension in den Ruhestand versetzt sei. Das gleiche Schicksal widerfuhr weiteren jüdischen Mitarbeitern des Frankfurter Hygienischen Institutes. Daraufhin emigrierte Klieneberger im September 1933 nach London und erhielt dort unter Dr. Ledingham eine Stelle am bakteriologischen Lister-Institut. Anfangs finanzierte sie sich über zwei Stipendien, eines entstammte einem Fond, den englische Akademiker zugunsten ihrer emigrierten deutschen Kollegen gegründet hatten, für ein weiteres wurde sie von der "International Federation of University Woman" ausgewählt. Bis 1938 besuchte sie noch ihre Familie in Deutschland. Ihr Bruder Carl, Chefarzt und Leiter der inneren Abteilung des Städt. Krkhs. in Zittau, nahm sich aufgrund der immer massiver werdenden antisemitischen Schikane in Deutschland, kurz vor der Aberkennung seiner Approbation, das Leben. Ein weiterer Bruder, Otto, vormals Oberarzt der Universitätsnervenklinik in Kaliningrad, emigrierte mit Emmy Klienebergers Hilfe über England nach Südamerika. Emmy konnte einigen ihrer Neffen und Nichten die Ausreise von Deutschland nach England ermöglichen, blieb jedoch erfolglos bei den Bemühungen, ihrer Mutter und Schwester zu helfen. Beide nahmen sich 1941, die Schwester 60-jährig, die Mutter 93-jährig, das Leben. Am 28.01.1944 heiratete Klieneberger den jüdischen Emigranten Prof. Edmund Nobel (*1833), einen Pädiater aus Wien, den sie im Spätsommer 1943 kennengelernt hatte. Edmund Nobel starb am 26.1.1946 .
Mitgliedschaften:
Dtsch. Ges. f. Hyg. u. Mikrobiol.
Ärztl. Verein zu Frankfurt am Main (1931)
1967 Ehrenmitglied des Robert Koch-Institutes und korrespondierendes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Bakteriologie und Hygiene

Literatur

Quellen und Sekundärlitertur

Quellen:
H.A. Strauss, T. Buddensieg, K. Düwell, Emigration, Berlin 1987, S. 57
E. Boedecker, 50 Jahre Habilitation, Göttingen 1974, S. 150
Archivalien
Münch. Med. Wschr. 77(1930), S. 1088, 78(1931), 1068
A Bibliography of Medical and Biomedical Biography. (Hrsg.) Leslie T. Morton u. Robert J. Moore. 2nd.ed. Hunts, 1994. S.141
Benzenhöfer, Udo, Birkenfeld, Monika: Angefeindete, verrteibene und entlassene Assistenten im Bereich der Universitätsmedizin in Frankfurt am Main in der NS-Zeit. Ulm 2016, S. 41-42
Portrait:
E. Klieneberger-Nobel: Pionierleistungen für die medizinische Mikrobiologie. Lebenserinnerungen. Stuttgart 1977

Eigene Publikationen

Autobiographie:
Pionierleistungen für die medizinische Mikrobiologie. Lebenserinnerungen, Stuttgart 1977.
Klieneberger-Nobel, E. Memoirs. London, 1980.
Publikationen:
Über die Größe und Beschaffenheit der Zellkerne mit bes. Berücksichtigung der Systematik". Frankfurt a.M., Diss. phil. nat. v. 1917
Klienebergers zahlreiche medizinische Veröffentlichungen, 82 an der Zahl bis zum Jahre 1969, sind im Anhang ihrer Autobiographie ausführlich erwähnt
Deskriptoren:
Approbation im Kaiserreich
Vorberuf
jüdische Abstammung