Irma Klausner-Cronheim, geb. Klausner

Allgemeines

Nachname:
Klausner-Cronheim
Geburtsname:
Klausner
Vorname:
Irma
Geburtsdatum:
26.02.1874
Geburtsort:
Frankfurt a. M.
Sterbedatum:
24.04.1959
Sterbeort:
New York
Konfession:
mosaisch
Beruf des Vaters:
Schriftsteller, andere Angabe: leitender politischer Redakteur des "Berliner Börsen-Couriers"
Ehemann:
Walter Cronheim
Kommentar zum Ehemann:
1868-1912, Eheschließung 1905, Ehemann war Chemieprofessor, starb 1912 auf einer Bergtour, er war zu dieser Zeit Privatdozent an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin
Kinder:
2
Kommentar zu den Kindern:
Georg Cronheim, 1906-2004, (Chemiker)
Kurt Cronheim, 1910-1996, (Arzt
Sonstiges:
Eltern: Max Albert Klausner und Frau Bertha, geb. Nehab. Die Familie hatte 7 Kinder, Irma war das älteste Kind
Nachdem Irma Klausner-Cronheim im Alter von zehn Jahren im Geographieunterricht gehört hatte, daß es in Indien weibliche Ärzte gäbe, beschloß sie, auch Medizin zu studieren.

Ausbildung

Ausbildung und Schule:
Von Dezember 1880 bis Juli 1889 besuchte Irma Klausner-Cronheim in Berlin die Schule und anschließend die Gymnasialkurse von Helene Lange in Berlin, die sie auf das Abiturexamen vorbereiteten, welches sie Ostern 1896 am kgl. Luisengymnasium in Berlin ablegte. Sie gehörte zusammen mit Else von der Leyen zu den ersten Absolventinnen dieser "Gymnasiallkurse für Frauen". Von Oktober 1896 bis März 1901 studierte sie Medizin in Halle
im Sommersemester 1900 war sie regulär in Heidelberg immatrikuliert, während sie ihr Studium in Halle überwiegend als Gasthörerin absolvierte. Am 3. Mai 1899 legte sie in Halle die ärztliche Vorprüfung ab, am 29.6 1901 folgt die Facultätsprüfung (Staatsprüfung) und am 5. Juli 1901 das Colloquium (Staatsexamen).
Ort des Staatsexamens:
Halle a. S.
Datum des Staatsexamens:
1901
Ort der Promotion:
Halle a. S.
Datum der Promotion:
09.07.1901
Ort der Approbation:
Halle a. S.
Datum der Approbation:
1901

Beruf

Fachbezeichnung:
Internistin, Kinderärztin (RMK 1928, 1933, 1937)
Art der Tätigkeit:
Arbeit am physiologischen Institut der landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin (Dir. Prof. N. Zuntz) (um 1902)
niedergelassene Ärztin in Berlin (1905-1938), Kassenärztin bei der Krankenkasse des kaufmännischen und gewerblichen Hilfsvereins für weibliche Angestellte (1908), Kinderasyl Halensee (1908 - 1915)
Poliklinik für innere Krankheiten von Prof.Dr. Max Michaelis (1904 - 1930)
Ärztin an einem Sanatorium für Nervenkranke (Oceanside), Long Island (N.Y) von 1943-57.
Kommentar zur Tätigkeit:
Cronheim-Klausner zählte mit zu den Frauen, die ihr gesamtes Studium an deutschen Universitäten absolvierten. Sie war neben Else von der Leyen eine der ersten Ärztinnen mit deutscher Approbation. Sie machte auch Bekanntschaft mit Ethel Blume, die auch eine der ersten Teilnehmerinnen an den "Gymnasialkursen für Frauen" war und die auch zusammen mit Klausner-Cronheim und Else von der Leyen in Halle studierte.
Sie arbeitete von 1904-1930 in der Poliklinik v. Prof. Dr. M. Michaelis, wo sie täglich ein bis zwei Stunden tätig war, um Patienten zu untersuchen und Studenten zu unterrichten. Des weiteren arbeitete sie von 1908 bis 1915 im Kinderasyl in Halensee, dort übernahm sie die ärztliche Betreuung von etwa 60-70 Säuglingen und hatte auch mit der Ausbildung der Krankenschwestern zu tun. Nach dem ersten Weltkrieg war sie in Zusammenhang mit der Einführung der Arbeitslosenversicherung als Vertrauensärztin tätig, um die "Arbeitsfähigkeit der sich bewerbenden Frauen zu bestätigen".
Das preußische Gesetz, das Frauen zur ärztlichen Vorprüfung (Physikum) zuließ, wurde "Lex Irma" genannt. Das ging darauf zurück, daß ihr Vater, damaliger politischer Redakteur des Berliner Börsen-Couriers, Kontakte zu einer Reihe Landtagsabgeordneter hatte, so z.B. zu Dr. Althoff, dem preußischen Ministerialdirektor und so bewirkte, daß ein eigenes Gesetz geschaffen wurde, das Frauen Zugang zu den preußischen medizinischen Examen verschaffte.
Sie war auch außerhalb der beruflichen Tätigkeit in der Frauenbewegung engagiert. 1926/27 brachte Irma Klausner-Cronheim, die zu der Zeit noch den Namen ihres Ehemannes alleine führte (Cronheim), einen Antrag im Preußischen Landtag zur Änderung des Namensrechts ein. Interessanterweise wird sie dann ab 1928 im RMK unter dem Namen Irma Klausner-Cronheim geführt (ihr Gatte war bereits 1912 verunglückt)
1927 stand sie auf der Wahlvorschlagsliste des Groß-Berliner Ärztebundes für die Wahlen zur Berliner Ärztekammer
1928 tritt sie bei der Vorberatung des Wohlfahrtshaushalts, Abschnitt "Volksgesundheit" vor dem Preußischen Landtag, für eine schärfere Bekämpfung des Kurpfuschertums ein. 1933 arbeitete sie an der Ausstellung "Die Frau" in Berlin mit.
1930 gehörte sie zu den Unterzeichnerinnen der Eingabe Berliner Ärztinnen zur Änderung des § 218 an den Reichstag und an den Strafrechtsausschuß des Reichstages.
In einem von ihr verfaßten Artikel (erschienen in der Zeitschrift des deutschen Ärztinnenbundes) zu Agnes Bluhms 70. Geburtstag erinnerte sie an deren Hilfsbereitschaft für die jüngeren Kolleginnen in der Anfangszeit.
1957 trat sie in den Ruhestand
Tätigkeitsorte:
1902-1937: Berlin, dort:
Tauentzienstr. 19a (RMK 1902, RMK 1903, 1904, 1905),
Kurfürstenstr. 109 (RMK 1906, 1907, 1908)
Nettelbeckstr. 14 (RMK 1911-1937)
ab 1940: New York
Haupttätigkeitsort:
Berlin, New York
Veränderungen nach 1933:
Jüdin nach dem Gesetz vom 07.04.1933. Irma Klausner-Cronheim war bis Okt. oder Nov. 1938 als jüdische Kassenärztin für jüdische Patienten in Berlin zugelassen. 1936 wurde sie zusammen mit acht Ärztinnen im Verzeichnis der jüdischen Kassenärzte Berlins genannt. Approbationsentzug 1938. Sie emigrierte im November 1938 nach Stockholm, gab dort 1. Hilfe-Kurse u. machte Übersetzungen, hielt sich dort bis März oder April 1940 auf. Im April 1940 emigrierte sie nach New York
legte das medizinische Examen nicht ab. Sie übernahm 1943 in einem Sanatorium für stationäre geisteskranke Patienten die allgemein-medizinische Betreuung. Nachdem sie diese Funktion vier Jahre in dieser staatlichen Anstalt innehatte, war es ihr möglich, eine New York State Medical License auch ohne medizinisches Examen zu beantragen, die sie am 17.7.1947 auch erhielt. Bis zu ihrem Ruhestand im Jahre 1957 war sie in diesem Sanatorium tätig.
Mitgliedschaften:
Verein f. Inn. Med. u. Kinderhk. in Berlin (seit 1901)
Berl. Verein der freigewählten Kassenärzte (1902), dort mit Else v. d. Leyen erstes weibliches Mitglied
Verein Krankenhaus weiblicher Ärzte e. V. (1914, 2. Vorsitzende), später dem Deutschen Lyceum-Club angeschlossen
Berliner Ärztliche Standesverein
Mitglied der Ärztekammer (1928)
Ausschuß Groß-Berliner Ärztinnen zur Stellungnahme gegen § 218 StGB
Berl. med. Gesellschaft (1931)

Literatur

Quellen und Sekundärlitertur

Quellen:
AMK 1905, 1911, 1919, 1928, 1933, 1937
Lebenslauf (Diss.)
Jahresverz. d. a. d. dtsch. Univ. ersch. Schriften
Jahrb. d. Vereins Krkhs. weibl. Ärzte 1914, S.2/13
Berliner Ärzte Korrespondenz 32(1927), 426, 37(1932), S.43
Mschr. Dtsch. Ärztinnen 6(1930), S. 138
Die Frau 34(1926/27), S. 506
Verzeichnis der jüdischen Kassenärzte 1936, S. 6, 23, 42, 46, (in: Zschr. für weibliche Handlungsgehilfen. Sonderbeilage Juli 1908, ohne Seitenangabe (Nachrichten aus der Ortsgruppe Groß-Berlin)
Verhandl. Berl. med. Ges., Ges.Jahr 1931, Bd. 62 (1932), Mitgliederverzeichnis
Verhandl. des Vereins für innere Med. u. Kinderhk. in Berlin, Leipzig 1904, Mitgliederverz.
Zeitungsartikel vom 25.2.1949, Herk. unbek., keine genauen Ang.
Ziegeler, Weibl. Ärzte, 1993, S. 83ff., 108.
Maier, Dieter G.; Nürnberger, Jürgen: Die Töchter der Familie Max. A. Klausner. Berlin 2015, S. 14 - 31 (Jüdische Miniaturen, 176)
Archivalien
Kohler
Zschr. f. ärztl. Fortbildung 24(1927), S. 511, 25(1928), S. 200
Deutsches Ärzteblatt 1930, S. 303
Verzeichnis jüdischer Ärzte in der Reichshauptstadt, 1937
Irma Klausner-Cronheim. In: Aufbau v. 25.2.1949
Schicksal einer Ärztin. In: Der Tagesspiegel v. 24.5.59
The New York Times v. 26.4.1959
Gemkow, Ärztinnen und Studentinnen, 1991, S. 319
Eduard Seidler: Kinderärzte 1933 - 1945. Bonn 2000, S. 138-139
Birn, Marco: Bildung und Gleichberechtigung. die Anfänge des Frauenstudiums an der Universität Heidelberg (1869 - 1918). Heidelberg 2012, S. 52 - 53
Maier, Dieter G. / Nürnberger, Jürgen: Die Töchter der Familie Max A. Klausner. Berlin 2015 (Jüdische Miniaturen, 176)
Portrait:
Aufbau v. 25.2.1949

Eigene Publikationen

Autobiographie:
Klausner, Dr. Irma: Dornenweg einer Medizinerin, in: Beilageblatt zur Vossischen Zeitung Nr. 307, 25.12.1929
Publikationen:
Ein Beitrag zur Aetiologie der multiplen Sklerose. Halle, Med. Diss. v. 09.07. 1901 u. Archiv. f. Psychiatr. Nervenhk(1901), S. 841-868
Antrag zum Namensrecht der verheirateten Frau (in: Die Frau 34 (1926/27, S. 506)
Der Übergang der Real- in die Gymnasialkurse (Mschr. Dtsch. Ärztinnen 4(1928), S.58-60
Klausner, Dr. Irma: Dornenweg einer Medizinerin, in: Beilageblatt zur Vossischen Zeitung Nr. 307, 25.12.1929
Stellungnahme gegen den § 218 StGB (Dtsch. Ärztebl. 59(1930), S. 303
Nierenschädigungen durch Vigantol ( Dtsch. med. Wschr. 1930 II, 1566 - 1567)
Die Behandlung der Migräne mit Hypophysenvorderlappenhormon. (Deutsch. med. Wschr., Nr. 34, 1931, zit nach Münch. med. Wschr. 78(1931), 1627)
Zu Agnes Bluhm's 70. Geburtstag. (Die Ärztin 8(1932), S.31-33 (mit Schriftenverz. d. wiss. Arbeiten A. Bluhms)
Deskriptoren:
§ 218
Abitur
Ärztin im Emigrationsland
Approbation im Kaiserreich
BDÄ (Bund Deutscher Ärztinnen)
Fachgesellschaften
Frauenvereine
Gesundheitsaufklärung
jüdische Abstammung
Klinik weiblicher Ärzte (o.ä.)
NS-Gesundheitsdienst (o.ä.)
Standespolitik