Elise Troschel, geb. Schulz

Allgemeines

Nachname:
Troschel
Geburtsname:
Schulz
Vorname:
Elise
Geburtsdatum:
15.06.1869
Geburtsort:
Köslin
Sterbedatum:
06.11.1952
Sterbeort:
Oldenburg
Ehemann:
Troschel
Kommentar zum Ehemann:
Schiffsbaumeister und kaiserl. Hofbaurat, Marinebaurat, gestorben im 1. Weltkrieg, Eheschließung 1895
Kinder:
7
Kommentar zu den Kindern:
das älteste Kind, die Tochter Klara, verh. Schüttpelz, wurde ebenfalls Ärztin (geb. 20.9.1896)
der älteste Sohn (geb. 8.1.1898) fiel im 1. Weltkrieg
3. Kind, ein Sohn (geb. 24.6.1899)
1944 hatte Troschel 23 Enkelkinder
Sonstiges:
Ein Zeitungsartikel über F. Tiburtius, den sie als kleines Mädchen las, motivierte sie zu dem Entschluß, Medizin zu studieren. Troschel war die uneheliche Tochter der Marie Schulz, aufgrund der schwierigen finanziellen Verhältnisse und der einer akademischen Ausbildung ungünstigen Situation ihrer Familie mußte E. Troschel es sich erkämpfen, studieren zu können. Das eigene Schulgeld für die höhere Mädchenschule verdiente sie durch Hausarbeitenaufsicht von Schulkindern und auch die Seminargelder für das Lehrerinnenseminar und ihr Studium finanzierte sie durch Privatstunden. Während ihres Studiums wurde sie vom Deutschen Frauenverein und von den Ärztinnen F. Tiburtius und Lehmus unterstützt. Das Kolleggeld wurde ihr von den meisten Professoren gestundet. In Zürich begegnete sie F. Nietzsche und W. I. Lenin. Nachdem sie das Physikum in Zürich abgelegt und im Juli 1895 ihren ehemaligen Privatlehrer, den Schiffsbaumeister Troschel aus Berlin geheiratet hatte, setzte sie ihr Studium in Deutschland fort, gefördert von ihrem Ehemann, einem Anhänger der Frauenbildung. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit und der Erziehung ihrer 7 Kinder verfasste sie viele literarische Arbeiten, betrieb sinologische Studien und übersetzte französische Lyrik ins Deutsche. Nach dem 2. Weltkrieg verbrachte sie die letzten Lebensjahre in Oldenburg.

Ausbildung

Ausbildung und Schule:
Höhere Mädchenschule in Berlin, 1884-1887 Lehrerinnenseminar in Berlin, 1887-1891 Tätigkeit als Lehrerin, Erzieherin und Hauslehrerin, 1891 Realkurs bei Helene Lange in Berlin, die sie wegen Schwierigkeiten in Mathematik abbrach, Ausbildung und Arbeit als Krankenschwester, Privatunterricht in Mathematik und Latein
Studium: bis 1895 Medizinstudium in Zürich als Gasthörerin, nach 1. Semester Maturitätsprüfung in Zürich, wobei ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in Mathematik besonders gelobt wurden, 1895 Physikum in Zürich, WS 1895/96 Unterassistentin beim Pathologen Ribbert in Zürich, 1895 - WiSe 1896 Medizinstudium in Berlin (als erste Medizinstudentin, zusammen mit einer Studiengenossin aus Zürich), WiSe 1896 Halle, Greifswald und Königsberg
Promotion 1898 in Bern, danach noch 2 Semester Medizin in Königsberg
1901 Staatsexamen in Königsberg
Ort des Staatsexamens:
Königsberg
Datum des Staatsexamens:
1901
Ort der Promotion:
Bern
Datum der Promotion:
1898
Datum der Approbation:
1902

Beruf

Art der Tätigkeit:
1911 niedergelassene Ärztin in Danzig
1911 Assistenzärztin am Städt. Krankenhaus in Danzig und an Grossmanns Naturheilanstalt, Bad Wilhelmshöhe/Kassel
1911-12 Institut für Lichtbehandlung in Mainz
4 Jahre vor 1918 praktizierte Troschel Geburtshilfe in China
1919 Köslin
1926/27, 1931, 1933, 1935, 1937, 1944, 1945 - 1952 niedergelassene Ärztin
Kommentar zur Tätigkeit:
Als erste Medizinstudentin an einer Deutschen Universität ist E. Troschel ein Beispiel für die Bedingungen, unter denen Frauen in dieser frühen Zeit an deutschen Universitäten ihr Studium absolvieren mußten. In ihren Memoiren deutet sie die Schwierigkeiten, unter denen die ersten Medizinstudentinnen ihr Studium absolvieren mußten, an: offene Ablehnung einiger Professoren, Studenten, die ihren Kommilitoninnen im allgemeinen wenig Sympathie entgegenbrachten, Ausschluß von Teilen der Lehrveranstaltung, die für Frauen als unschicklich beurteilt wurden. Ihre Dissertation mußte sie 1898 in der Schweiz in Bern ablegen, da dies für Frauen an deutschen Universitäten nicht möglich war. Das deutsche Kultusministerium gab ihrem Antrag statt, den Titel auch in Deutschland zu führen. 1900/01 wurden zwar erstmals Frauen zur med. Staatsprüfung zugelassen (Bundesratsbeschluß 1900), E. Troschel mußte dazu jedoch das Physikum wiederholen, da die in der Schweiz abgelegten Vorprüfungen nicht anerkannt wurden. Während ihres Studium wurde ihr wiederholt von den Professoren die Teilnahme an deren Lehrveranstaltungen verweigert, so auch von Virchow und v. Bergmann. Bei Prof. Hansemann an der Universität in Halle durfte sie bei der Demonstration von männlichen Patienten mit Geschlechtskrankheiten nicht zugegen sein.
Nachdem sie trotz aller Hindernisse ihr Studium absolviert und während ihrer Studienzeit zwei ihrer sieben Kinder geboren hatte, legte sie 1901 das medizinische Staatsexamen in Königsberg ab. Sie und Ethel Blume waren die ersten deutschen Medizinstudentinnen, die ihr Staatsexamen an der Universität Königsberg ablegten.
Bis zum Tod ihres Ehemannes im 1. Weltkrieg eröffnete sie ihre Praxis jeweils an den Orten, an denen ihr Ehemann beruflich tätig war. Sie praktizierte auch vier Jahre in China, hier vor allem in der Geburtshilfe.
Nach dem 1. Weltkrieg setzte sie sich zunächst zur Ruhe, war später aber wieder als Ärztin tätig. Insgesamt betrieb sie ihre ärztliche Praxis 50 Jahre lang an verschiedenen Orten.
Tätigkeitsorte:
1908 Wilhelmshaven
1911 Danzig
1911 Bad Wilhelmshöhe/Kassel
1911/12 Mainz
4 Jahre vor 1918 China
1919 Köslin
1919 Berlin, Genthiner Str. 40
1926/27 Lauenburg
1931, 1933, 1935 Zedlitzfelde/Pommern
1937 Stettin, Vulcanstr. 1, keine Praxis
1944 Seebad Horst
1945 - 1952 Oldenburg
Haupttätigkeitsort:

Veränderungen nach 1933:
1933 arbeitete auch die Tochter E. Troschels, Klara Schüttpelz in Zedlitzfelde als Ärztin

Literatur

Quellen und Sekundärlitertur

Quellen:
RMK 1908, 1911, MK 1919, RMK 1926/27, 1931, 1935, 1933, 1937
Luhn: Geschichte des Frauenstudiums, 1971, S. 34 - 37
Mettler, M., 1991, S. 66
Bachmann, B., 1990, S. 62
Ziegeler, Weibl. Ärzte, 1993, S. 116
Archivalien
Ärztin 20 (1944), S. 86
Dtsch. Ärztebl. 74 (1944), S. 143
Müller, Aruna: Zum Gedenken an Frau Dr. med. Elise Troschel, der ersten Ärztin an einer deutschen Universität (Medizinische (1954), S. 891/892)
Seeger, Hilde: Weiblicher Sonderling im Hörsaal. Zum Gedenken an Frau Dr. med. Elise Troschel, die erste Ärztin mit Staatsexamen einer deutschen Universität (Dtsch. Ärzteblatt (1969), Nr. 25 v. 21.06.1969, S. 1894/95
Portrait:
Ja: Deutsches Ärzteblatt (1969), S. 1895

Eigene Publikationen

Autobiographie:
Elise Troschel: Fünfzig Jahre Dr. med. Bremen. 1996 (unveröff. Manuskr.)
Publikationen:
Beiträge zur klinischen Dignität der papillären Ovarialgeschwülste. Bern, Diss. Med. v. 1898
Deskriptoren:
Vorberuf
Approbation im Kaiserreich