Emilie Lehmus

Allgemeines

Nachname:
Lehmus
Vorname:
Emilie
Geburtsdatum:
30.08.1841
Geburtsort:
Fürth
Sterbedatum:
17.10.1932
Sterbeort:
Gräfenberg b. Erlangen
Konfession:
evangelisch
Beruf des Vaters:
Pastor
Sonstiges:
Emilie Lehmus wurde in ihrer Ausbildung von ihrem Vater, dem Kirchenrat Eduard Lehmus, der jede seiner sechs Töchter einen ihrer Neigung entsprechenden Beruf erlernen ließ, sehr gefördert
Am 18. Juni 2006 wurde in der Alten Schönhauser Allee 23 an dem Haus, in dem sie 1877 die "Poliklinik weiblicher Ärzte" eröffnet hatten, eine Gedenktafel für Emilie Lehmus und Franziska Tiburtius angebracht

Ausbildung

Ausbildung und Schule:
Lehmus wurde zuerst von ihrem Vater privat unterrrichtet und erzogen, anschließend wurde sie zur "Vollendung ihrer Erziehung" nach Paris geschickt. Im Anschluß daran kehrte sie nach Fürth zurück, um dort als Lehrerin am "Marienstift", einer höheren Töchterschule, eine Tätigkeit aufzunehmen. Hier unterrichtete sie mehrere Jahre.
Während eines längeren Besuchs bei ihrer ältesten Schwester in Berlin, faßte Lehmus um Ostern 1870 den Entschluß, Medizin zu studieren. Daraufhin wurde sie von ihrem Vater in Latein unterrrichtet.
Im Oktober 1870 immatrikulierte sie sich als zweite deutschsprachige Studentin zwei Jahre nach Marie Vögtlien, einer Schweizerin, in Zürich. Im Sommer 1875, im neunten Semester, promovierte Lehmus mit "summa cum laude" zum Dr. med..
Ort der Promotion:
Zürich
Datum der Promotion:
27.02.1875
Ort der Approbation:
Zürich

Beruf

Fachbezeichnung:
Ärztin für Frauen und Kinder
Art der Tätigkeit:
Sommer 1875 mehrere Monate an der Universitäts-Entbindungsanstalt unter Prof Weber in Prag
danach Ärztin an der Königl. Entbindungsanstalt und Frauenklinik in Dresden unter Franz v. Winckel
1876 Niederlassung als erste deutsche Frau als "Arzt für Frauen und Kinder". Niedergelassene Ärztin (ohne deutsche Approbation)
Mitbegründerin und leitende Ärztin der Poliklinik weiblicher Ärzte für Frauen in Berlin (1878-1900)
1878-1885 Tätigkeit für den "Sanitätsverein für Lehrerinnen u. Erzieherinnen"
1889-1900 Tätigkeit für den "Kaufmänn. u. gewerbl. Hilfsverein für weibl. Angestellte
Kommentar zur Tätigkeit:
Ostern 1870 kehrte Lehmus von einem Besuch bei ihrer ältesten Schwester in Berlin, der Ehefrau des Theologieprofessors Geheimrat Deutsch, mit dem Wunsch zurück, Ärztin zu werden. Dieses ging vermutlich darauf zurück, daß sie in Berlin die Bekanntschaft mit Henriette Tiburtius-Pagelsen gemacht hatte, die die erste deutsche Zahnärztin war, ihr Studium jedoch in Philadelphia (USA) absolviert hatte, da es seinerzeit ja noch nicht möglich war, in Deutschland Medizin zu studieren. Noch im Oktober des gleichen Jahres begann sie als erste deutsche Studentin mit dem Medizinstudium in Zürich und beendete es nach neun Semestern mit der Promotion "summa cum laude". Bereits im dritten Semester lernte sie Franziska Tiburtius persönlich kennen, mit der sie früher einige Male korrespondiert hatte. Lehmus machte in der Schweiz kein Staatsexamen, weil sie hoffte, in Deutschland mit ihrem Doktortitel zum deutschen Staatsexamen zugelassen zu werden, was jedoch nicht geschah. Nach Beendigung ihres Studiums und der Promotion im Sommer 1875 ging Lehmus für einige Monate an die Universitäts-Entbindungsanstalt nach Prag und praktizierte dort unter Professor Weber. Anschließend war sie für zehn Monate an der Königl. Entbindungsanstalt und Frauenklinik in Dresden unter dem Gynäkologen Prof. Franz v. Winckel tätig, welcher bis in die 1890er Jahre der einzige Professor in Deutschland war, der Assistentinnen aufnahm und an seiner Klinik ausbildete. Zur gleichen Zeit war F. Tiburtius hier tätig. Diese folgte ihr auch nach Berlin, wo Lehmus sich 1876 als "Arzt für Frauen und Kinder" mit einer Privatpraxis niederließ. Am 18.06.1878 eröffneten die befreundeten Ärztinnen, denen der preußische Staat die Möglichkeit zur deutschen Approbation versagte, die Poliklinik für unbemittelte Frauen in der Schönhauser Str. 23 /24, die spätere "Klinik weiblicher Ärzte e. V.", in der sie von 1878 bis 1896 20.000 Patienten behandelten, obwohl nur zweimal wöchentlich Sprechstunden abgehalten wurden. Die Poliklinik war einer kleinen Pflegeanstalt angeschlossen, in der kleinere Operationen durchgeführt wurden, und in der "dank der Unterstützung des Berliner Frauenvereins arme Frauen unentgeltlich behandelt und verpflegt wurden."
Zusammen mit Franziska Tiburtius war sie für den "Sanitätsverein für Lehrerinnen u. Erzieherinnen" tätig (1878-1885), ab 1889 auch für den Kaufmänn. u. gewerbl. Hilfsverein für weibliche Angestellte.
1900 mußte sich Emilie Lehmus im Alter von 60 Jahren nach einer zweimaligen Influenza-Pneumonie von der ärztlichen Praxis zurückziehen und lebte zunächst mit zwei Schwestern in München und zog nach dem Tod der einen Schwester nach dem ersten Weltkrieg mit der noch lebenden Schwester auf einen ländlichen Familienbesitz nach Gräfenberg in der Nähe von Erlangen. In einem Artikel zum 90. Geburtstag von Emilie Lehmus in der Zeitschrift "Die Ärztin" beschreibt Agnes Bluhm Emilie Lehmus als eine Person mit "großer persönlicher Zurückhaltung", die Fremden "als die verkörperte Sachlichkeit erscheinen`mußte, und wahrscheinlich auch aus diesem Grund den jüngeren Kolleginnen weniger bekannt sei als F. Tiburtius.
Tätigkeitsorte:
1875: Prag
1875: Dresden
1876-1900: Berlin, dort: Poliklinik für Frauen, Schönhauserstr. 23/24
Haupttätigkeitsort:
Berlin
Mitgliedschaften:
Verein Krankenhaus weiblicher Ärzte e.V. (1914)

Literatur

Quellen und Sekundärlitertur

Quellen:
Falck, Ingeborg: Berühmte Ärztinnen in Deutschland. Mitteilungsblatt des deutschen Ärztinnenbundes 25(1978), H. 8, S. 13
Bluhm, Agnes: Ein Gedenktag der deutschen Medizinerinnen, in: Ärztin, H. 8, (1941), S. 337-339
Ziegeler, Weibl. Ärzte, S. 11, 12, 21, 61, 62, 64, 65, 78, 89
Frau 40 (1932/33), S. 182
Bluhm, Agnes: Gratulation zum 90. Geb. v. E. Lehmus, in: Ärztin 7 (1931), S. 199
Die ersten weiblichen Ärzte in Berlin. Ärzteblatt für Berlin 41(1936), 564-565
I. Jahrb. d. Vereins Krankenhaus weibl. Ärzte e. V. 1914, S. 13
Gemkow, Ärztinnen u. Studentinnen, S. 323
Rohner, Die ersten 30 Jahre d. med. Fr.stud. a. d. Univers. Zürich, S. 34-36, 79
I. Jahresbericht des Vereins Krankenhaus weibl. Ärzte e.V. (1914), S. 13
Jahresverz. d. a. d. dtsch. Univ. ersch. Schriften, 1875
Nachruf "Totenschau" in: Frau 40 (1932/33), S. 182
Kurzbiographie in: Ärztin 8(1978), S. 13
Bornemann, Regina: Erste weibliche Ärzte. Die Beispiele der 'Fräulein Doctores' Emilie Lehmus (1841-1932) und Franziska tiburtius (1843-1927). In: Weibliche Ärzte. Die durchsetzung des Berufsbildes in Deutschland. Hrsg. Eva Brinkschulte. 2. Aufl. Berlin 1995, S. 24-32
Lange, Helene: Unsere ersten Ärztinnen. Die Frau 8 (1900/01), S. 684-686
Hoesch, Kristin: Ärztinnen für Frauen. Kliniken in Berlin 1877-1914 (0 Ergebnisse der Frauenforschung. Bd. 39). Berlin 1995
Ärztin. 53(2006), H. 3, S. 9
Portrait:
Ja, in Bluhm, Agnes: Ein Gedenktag der deutschen Medizinerinnen, in: Ärztin, H. 8, (1941), S. 338
das Porträt zeigt sie als Züricher Studentin. Archiv der deutschen Frauenbewegung: Lexikon der Frau, Bd.3, Zürich, 1954
Die Frau 1 Jg., S.101

Eigene Publikationen

Publikationen:
Die Erkrankungen der Macula lutea bei progressiver Myopie. Zürich, Med. Diss. v. 27.02.1875
Deskriptoren:
Vorberuf
nur Schweizerische Approbation
Klinik weiblicher Ärzte (o.ä.)
Approbation im Kaiserreich