Gisela Kuhn, geb. Rosenfeld-Roda

Allgemeines

Nachname:
Kuhn
Geburtsname:
Rosenfeld-Roda
Vorname:
Gisela
Geburtsdatum:
22.01.1867
Geburtsort:
Drnowitz (Mähren)
Sterbedatum:
02.03.1943
Sterbeort:
Theresienstadt (KZ)
Kommentar zu den Lebensdaten:
Einige Angaben zu den Lebensdaten stammen aus dem Universitätsarchiv Zürich. Dort wird als Geburtsort "Brünn" angegeben. Außerdem lautet dort der Vorname des 1. Ehemannes Heinrich, nicht Joachim
Beruf des Vaters:
Offizier, Gutsverwalter, Landgutpächter
Ehemann:
Joachim Kuhn (1. Ehe). Hochzeit schon vor Ablegung des Abiturs und des Studiums. Scheidung
Ladislaus Januszewski (2. Ehe)
Kommentar zum Ehemann:
1. Ehe mit Joachim Kuhn.
2. Ehe mit Januszewski, Kreisarzt in Banja Luka, Heirat 1900, bosnisch-herzegowinischer Sanitätsrat u. Regierungsrat. 1916 war sie Witwe.
Sonstiges:
Nachdem Kuhn im März 1899 Remscheid und damit auch Deutschland verlassen hatte, zog sie nach Banja Luka in Bosnien, um dort als Betriebsärztin tätig zu sein.
Sie ist die ältere Schwester des Schriftstellers Roda-Roda
Vater: Leopold Rosenfeld

Ausbildung

Ausbildung und Schule:
Besuch der Töchterschule in Brünn.
Immatrikulation Uni Zürich SS 1893 (ab mit Zeugnis vom 28.3.1898, promoviert 12.4.1898), Kuhn erhielt ihre Approbation in der Schweiz und erwarb in Zürich 1898 den Doktortitel. Vermutlich ist sie in Österreich zur Schule gegangen, da sie aus Graz stammte.
Voluntärärztin a. d. geburtshilfl. Frauenklinik in Zürich
Ort der Promotion:
Zürich
Datum der Promotion:
12.04.1898
Ort der Approbation:
Zürich (Schweiz)

Beruf

Art der Tätigkeit:
Juni 1898-März 1899: Kassenärztin der Allgemeinen Ortskrankenkasse in Remscheid und niedergelassene Ärztin in Remscheid
März 1899-1910: Amtsärztin/Bezirksärztin in Bosnien, Banja Luku
1912 Graz-Eggenberg Spitaldienst
1919 praktische Ärztin in Graz
Kommentar zur Tätigkeit:
Die in Zürich approbierte Kuhn ging am 01.06.1898 nach Remscheid, wo sie als Krankenkassenärztin eingestellt wurde, und zwar von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK). Sie war als Kassenärztin ohne Privatpraxis für die 654 weiblichen Mitglieder und deren Kinder tätig. Ihre Anstellung, - gemeinsam mit zwei männlichen Kollegen- wurde jedoch zum Anlaß des Remscheider Kassenkonfliktes von 1898, da sie von der Ärzteschaft als Versuch der Krankenkasse, das Landmannsche System der beamteten Kassenärzte einzuführen, aufgefaßt wurde. In dem folgenden Ärztestreik gehörte sie - neben auswärtigen Ärzten - zu den Streikbrechern. Nachdem ihr als Ärztin mit ausländischer Approbation schon im Juli 1898 von der Düsseldorfer Landesregierung die Zulassung als Kassenärztin entzogen worden war, war sie nun noch als Ärztin mit Privatpraxis tätig. Das Führen des Doktortitels wurde ihr zwar erlaubt, wenn auch mit vorherigen Schwierigkeiten, denn Kuhn hatte zunächst einen Strafbefehl über 20 Mark erhalten, welcher dann aber durch ein `Ministerial Restrict' bereits im August 1898 wieder aufgehoben wurde. Ihre Versuche, eine Wiederanstellung zu erreichen, scheiterten jedoch. Ein seit dem 09.12.1869 bestehender Bundesratbeschluß besagte, das ein Arzt, der von einer Stadt in amtlicher Funktion angestellt werden sollte, von der vorgeschriebenen Prüfung zur Erlangung der Approbation befreit werden könne. Obwohl die Ortskrankenkassen bereit waren, sie wieder anzustellen, lehnte der zuständige Handelsminister dieses im März 1899 ab, da die Krankenkasse, so seine Auffassung, keine amtliche Kasse sei und von daher der Bundesratsbeschluß bei Kuhn nicht zutreffe. Da sich mittlerweile für Kuhn die Möglichkeit ergeben hatte, als Amtsärztin in die neuen Provinzen Österreichs zu gehen, wurde ihre Wiederanstellung nicht weiter betrieben.
Im März 1899 siedelte Kuhn von Remscheid nach Banjaluca in Bosnien über. In den besetzten Gebieten Bosnien und Herzegowina, die seit 1878 unter österreichischer Verwaltung standen, gehörte ein großer Teil der Bevölkerung dem Islam an. Eher als in Österreich selbst war die Regierung bereit, in diesen Gebieten zur ärztlichen Versorgung der Frauen, die aus religiösen Gründen die Behandlung durch einen männlichen Arzt ablehnten, Ärztinnen einzustellen. Ab 1891 arbeiteten dort Frauen als Amtsärztinnen. 1902 war Kuhn eine vom 5 Amtsärztinnen. Bayer, Theodora Krajewska, Bohnslava Keck, H. Olszewska waren die anderen. Nach ihrer Heirat mit dem Mediziner Januszewski mußte sie den Beruf als Amtsärztin niederlegen. Sie wurde dann Leiterin eines Ambulatoriums, welches für islamische Frauen von der Stadt Banja Luka eingerichtet wurde.
Nach der Pensionierung ihres Ehemannes 1912 ging sie mit ihm nach Graz.
Nach dem Tod ihres Ehemannes meldete sie sich zum Militärsanitätsdienst. Für diese Tätigkeit erhielt sie mehrere Auszeichnungen
1919 eröffnete sie eine Praxis als praktische Ärztin in Graz und war bis 1933 Kassenärztin.
1929 erhielt sie als 2. österreichische Ärztin sie den Titel "Medizinalrat".
1935 schloß sie ihre Praxis in Graz.
1937 wurde ihr das Ritterkreuz des Österreichischen Verdienstordens verliehen
1929 erhielt sie den Titel Medizinalrätin.
Tätigkeitsorte:
Juni 1898-März 1899: Remscheid
März 1899-1910: Banja Luka/Bosnien
1912 Graz-Eggenberg
1919-1935 Graz
Haupttätigkeitsort:
Bosnien
Veränderungen nach 1933:
Jüdin nach dem Gesetz vom 07.04.1933. 1940 mußte sie die Grazer Wohnung aufgeben und nach Wien umsiedeln. 02.03. 1943 in Theresienstadt gestorben

Literatur

Quellen und Sekundärlitertur

Quellen:
Mettler, M.: Pathologe H. Ribbert, S. 75
Frauenbewegung 5 (1898), S. 56
Archiv der Stadt Remscheid, briefliche Mitteilung vom 15.3.1990 nach: Ziegeler, B.: Weibl. Ärzte, S.78, 171
Frauenbewegung 5 (1898), S. 64
Münch. med. Wschr. 1902, S. 2186
Med. Reform 6(1898), S. 209-211, 13(1905), S. 136,
Barmener Zeitung vom 14.7.1898
Deutsche Reichs-Gewerbeordnung 1872, S. 31
Jahresverz. d. a. d. dtsch. Univ. ersch. Schriften
Staatsarchiv Zürich/WebSeite Uni Zürich: http://www.rektorat.unizh.ch/matrikel/hintro.htm
Ariadne - Projekt "Frauen in Bewegung" - Gisela Januszewska. http://www.onb.ac.at/ariadne/vfb/bio20.07.2010_januszewska.htm
Ziegeler, B.: Weibl. Ärzte, S. 78-81.
Gemkow Michael Andreas: Ärztinnen und Studentinnen in der Münchener Medizinischen Wochenschrift (Ärztliches Intelligenzblatt): 1870-1914. Diss. med. Münster 1991 (Mschr.), S. 108-109, 322
Waltraud Heindl/Marina Tichy (Hrsg.): "Durch Erkenntnis zu Freiheit und Glück...". Frauen an der Universität Wien (ab 1897). Wien 1990 (=Schriftenreihe des Universitätsarchivs. 5), S. 217

Eigene Publikationen

Publikationen:
Über Tracheitis membranacea. Zürich, Diss. med. 1898
Januszewska, Gisela: Über Osteomalazie mit Anhang über Tetanie (Wiener klinisch-therapeutische Wochenschrift, Nr. 19 (o. S.), nach: Gemkow, M.A.: Ärztinnen u. Studentinnen, S. 108-109 und S. 322, darin auch Verweis auf Münch. med. Wschr. 1910, S.1513)
Deskriptoren:
Approbation im Kaiserreich
nur Schweizerische Approbation
Deportation ins Konzentrationslager
ermordet im NS