Hope Bridges Adams-Lehmann , geb. Adams

Allgemeines

Nachname:
Adams-Lehmann
Geburtsname:
Adams
Vorname:
Hope Bridges
Geburtsdatum:
17.12.1855
Geburtsort:
Hallifort
Sterbedatum:
10.10.1916
Sterbeort:
München
Beruf des Vaters:
Eisenbahningenieur
Ehemann:
1. Otto Walther
2. Carl Lehmann
Kommentar zum Ehemann:
1. Ehemann, Arzt, Lungenspezialist, Eheschließung 1883, Scheidung 1893
2. Ehemann, Arzt, appr. 1896. Eheschließung 1896, gest. 1915
Kinder:
2
Kommentar zu den Kindern:
Heinz, geb. 1884
Mara, geb. 1886
Sonstiges:
Adams' Vater war ein bekannter Eisenbahningenieur in England. Dort geboren kam Adams 1855 mit 18 Jahren nach Deutschland. Während ihres Studiums in Leipzig Anfang der 1870er Jahre lernte sie als Kommilitonen Otto Walther, ihren ersten Ehemann, kennen. Schon während ihrer Studienzeit in Leipzig als eine der ersten Gasthörerinnen trug sie kurz geschnittene Haare und männliche Westen und Jacken, um als Frau möglichst unkenntlich zu sein. Diese Art sich zu kleiden behielt sie auch später bei. In Frankfurt/M., wo beide von 1883-1886 als niedergelassene Ärzte praktizierten und als Sozialdemokraten auch politisch aktiv waren, wurden 1884 und 1886 die beiden Kinder geboren: Heinz (später Chirurg in Darmstadt) und Mara (später verheiratet mit dem Universitätsprof. Dr. med. A. C. Magiola in Montevideo/Uruguay). Aufgrund eines Lungenleidens (wahrscheinlich Tuberkulose) gab H.B. Adams-Walther 1896 ihre Praxis in Frankfurt auf und zog mit Otto Walther in den Schwarzwald, wo sie nach ihrer Genesung 1891 eine Lungenheilstätte in Nordrach eröffneten. 1893 zog sie nach München, nachdem sie C. Lehmann kennengelernt hatte, den sie nach ihrer Scheidung 1896 heiratete. Ihre Wohnung in der Gabelsbergerstraße in München hatte (um 1900) einen guten Ruf als politischer Salon der Münchner Sozialdemokraten und diente russischen politischen Exilanten, u.a. W. I. Lenin als Post-Deckadresse. Zu dem Freundeskreis der Lehmanns gehörten August Bebel und Clara Zetkin. Nach Ausbruch des I. Weltkrieges engagierte sich Adams-Lehmann in der Außenpolitik und konzentrierte ihre Bemühungen auf Großbritannien. Sie reiste im Spätsommer über Umwege nach England, um für eine englisch-deutsche Verständigung zu plädieren. Sie arbeitete mit Kreisen zusammen, die den Frieden mit Deutschland wünschten, darunter Bertrand Russell und der "Union for democratic Control". Adams-Lehmann publizierte ihre Tätigkeiten im Verlaufe dieser Reise in zwei Büchern, das Auswärtige Amt, das Reichsmarineamt, das Bayrische Kriegs- und das Bayrische Staatsministerium nahmen davon Kenntnis. Sie mußte jedoch erleben, daß ihr Wunsch, den europäischen Frieden herbeizuführen und den Krieg zu beenden, von Deutschland nicht erfüllt werden wollten. Im August 1916 starb sie durch Freitod (widersprechende Darstellung spricht vom Tode durch Tuberkulose)

Ausbildung

Ausbildung und Schule:
Medizinstudium in Bedford, Leipzig, Bern
danach Erfahrungen in der Klinischen Medizin in Wien, Paris, London und Dublin gesammelt
vermutlich ca. 1880 Assistentin bei Franz von Winckel in Dresden in der Frauenklinik im Johannstädter Klinikum
1880 absolvierte sie das medizinische Staatsexamen in Leipzig unter den gleichen Bedingungen wie die männlichen Kommilitonen, aber ohne offizielle Erlaubnis oder Anerkennung. Sie erhielt dafür schriftliche Bestätigungen, die für die nachträgliche Anerkennung die Grundlage waren. 1904 wurde ihr Staatsexamen durch einen Bundesratsbeschluß nachträglich anerkannt.
Datum des Staatsexamens:
1904
Ort der Promotion:
Bern
Datum der Promotion:
30.07.1880
Ort der Approbation:
München Dublin
Datum der Approbation:
1904

Beruf

Fachbezeichnung:
Gynäkologin (RK 1906, 1907, 1908, 1911, 1912, 1913, 1914)
Art der Tätigkeit:
1881 - 1886 niedergelassene Ärztin (Gemeinschaftspraxis mit Ehemann) in Frankfurt a. M.
1891 - 1893 Gründerin und Leiterin der Lungenheilstätte in Nordrach/Baden
1893 - 1916 niedergelassene Ärztin in München
1897 - ? Volontärärztin an der Universitäts-Frauenklinik bei Franz von Winckel in München
Kommentar zur Tätigkeit:
Als Ärztin hatte sie sich in ihrer Ausbildung auf Frauenheilkunde spezialisiert.
Über ihre ärztliche Tätigkeit in München ist wenig bekannt.
Anfang 1905 erhielt sie aufgrund des Bundesratsbeschlusses vom 30.06.1904 nach mehrjähriger Praxis die deutsche Approbation.
Sie gehörte der Sozialdemokratie an, und maß der Erziehung entsprechende Bedeutung bei. Als Mitarbeiterin der "Sozialistischen Monatshefte" und der "Neuen Zeit" behandelte sie Erziehungs- und Bildungsfragen.
Adams-Lehmann war Gründerin einer privat getragenen antiautoritären Schule in München, die von führenden Münchner Industriellen mitfinanziert wurde.
In ihren Veröffentlichungen und in ihrem sozialen Engagement beschäftigte sie sich mit den Problemen der Frauen, war jedoch kein organisiertes Mitglied der Frauenbewegung. In ihrem Aufsatz "Frauenstudium und Frauentauglichkeit" machte sie die Ärzte und die verfehlte Erziehung der Frau für die ihnen zugeschriebene Minderwertigkeit verantwortlich.
Neben eigenen Veröffentlichungen übersetzte sie August Bebels "Die Frau und der Sozialismus" ins Englische.
Ihr wahrscheinlich 1895 oder 1896 erschienener zweibändiger speziell für Frauen verfasster ärztlicher Ratgeber wurde in der Dtsch. Medizin. Wschr. von 1896, Nr. 2, ausführlich besprochen. Auf den Vorwurf der reißerischen Reklame und der unsittlichen Abbildung des nackten männlichen Körpers antwortete Adams-Lehmann mit einem Leserbrief, in dem sie sich zu dem wissenschaftlichen Anspruch ihres Buches bekannte.
Ihr soziales Engagement in München galt vor allem dem Versuchskindergarten, bzw. der Versuchsschule, und der Errichtung eines Frauenheims als Entbindungsheim insbesondere für unbemittelte Frauen. Der von Adams-Lehmann im Ärztlichen Bezirksverein München am 14.11.1906 vorgebrachte Antrag, ein solchen Frauenheim zu gründen, löste eine Kontroverse mit der männlichen Ärzteschaft aus, die eine geplante Monopolisierung der Geburtshilfe durch weibliche Ärzte befürchtete und den Vorschlag schließlich ablehnte. Der im gleichen Jahr unter führender Beteiligung von Adams-Lehmann gegründete "Verein Frauenheim" verfolgte das Projekt weiter. 1909 meldete Adams-Lehmann als 2. Vorsitzende des Vereins, das der Magistrat ein Grundstück am Nymphenburger Kanal zur Verfügung gestellt habe. In diesem Zusammenhang betonte sie, das der Verein mit dem Frauenheim unter Gewährleistung der freien Arztwahl die Möglichkeit zur Entbindung unter hygienisch einwandfreien Bedingungen schaffen wolle.
Kurz nach Ausbruch des 1. Weltkrieges ging Adams-Lehmann nach England, um über deutsche Zustände aufzuklären.
Tätigkeitsorte:
1881 - 1886 Frankfurt a. M.
1891 - 1893 Nordrach (im Schwarzwald/Baden), Lungenheilstätte
1893 - 1916 München, Gabelsberger Str. 20 a

Haupttätigkeitsort:
München
Mitgliedschaften:
SPD (o.J.)
Bund für Mutterschutz (o.J.)
Dtsch. Ges. z. Bek. d. Geschlechtskrankheiten
Verein Frauenheim München (gegr. 1906, 2. Vorsitzende 1909)

Literatur

Quellen und Sekundärlitertur

Quellen:
RMK 1906, 1907, 1908. 1911, 1912, 1913, 1914
Jahresverz. d. a. d. dtsch. Univ. ersch. Schriften 1880
Münchener Medizinische Wochenschrift 56(1909) S. 1622
Jahresbericht über Soziale Hygiene, Demographie u. Medizinalstatistik..., Bd. 7: Bericht über das Jahr 1907, Jena 1908, S. 363
Ziegler, Beate: Weibliche Ärzte und Krankenkassen. Weinheim 1993, S. 11. (Ergebnisse der Frauenforschung. 31).
Nowacki, Bernd: Der Bund für Mutterschutz (1805-1933). Husum 1983, S. 143. (Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften. 48)
Kreis, Michael: Die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (DBGB/GBGK) 1902 bis 1987: Ein historischer Abriß. Diss med. TU München 1988, S. 162
Gemkow, Michael Andreas: Ärztinnen und Studentinnen in der Münchener Medizinischen Wochenschrift (Ärztliches Intelligenzblatt): 1870-1914. Diss. med. Münster 1991, S. 147-154, 290. (Mschschr.)
Wer ist`s? Leipzig 1908, 8. Aufl. , S. 791
Pataky, S. (Hrsg.): Lexikon deutscher Frauen der Feder. Berlin 1898, Bd. 1, S. 2
Kirschstein, Christine: "Fortgesetzte Verbrechen wider das Leben." Frankfurt a.M.: Haag + Herchen Verl. 1992
Pohl, K. H.: Besprechung des Buches von Kirschstein, Ch. (IWK 30 (1994), H. 1,S. 144 - 145)
Bäumler, Ernst: Verschwörung in Schwabing. München: 1991, S. 25-27, 34/5 (Serie Piper 1342)
Blumenberg (Hg): Bebels Briefwechsel, 1965, S. 232, 234, 341, 715, 721, 727, 729, 761
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Neue Generation 4 (1908), S. 404
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Sauerteig, Lutz: Krankheit, Sexualität, Gesellschaft. Geschlechtskrankheiten und Gesundheitspolitik in Deutschland im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Stuttgart: 1999, S.506
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Walther, Gerda: Zum anderen Ufer. Remagen 1960, S. 16-29
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Bleker, Johanna: Die ersten Ärztinnen und ihre Gesundheitsbücher. In: Brinkschulte: Weibliche Ärzte. Berlin 1993, S. 65 - 83
Kirschstein, Christine: "Fortgesetzte Verbrechen wider das Leben." Frankfurt a. M.: Haag u. Herchen Verl. 1992
Pohl, Karl Heinrich:" Hope Bridges Adams Lehmann und die Frauenemanzipation im Deutschen Kaiserreich: zur Person, Vorstellungswelt und politischen Tätigkeit einer Münchener Sozialdemokratin und Frauenrechtlerin im Wilhelminischen Deutschland. (IWK 24 (1988), H. 3, S. 295 - 307)
Pohl, K. H.: Besprechung des Buches von Kirschstein, Ch. (IWK 30 (1994), H. 1, S. 144 - 145)
Dittler: Erinnerungen an Dr. Adams-Lehmann, 1993, H. 1 u. 2
Bondy, Ottilie: Dr. Hope Adams-Lehmann. In: Der Bund. Zentralblatt des Bundes österr. Frauenvereine. XI (1916) H.9. S. 6-7
Sauerteig, Lutz: Krankheit, Sexualität, Gesellschaft. Stuttgart 1999, S. 506 (MedGG-Beih. 12)
Krauss, Marita: Die Frau der Zukunft. Dr. Hope Bridges Adams-Lehmann, 1855 - 1916. München 2002
Krauss, Marita: Hope. Dr. Bridges Adams-Lehmann - Ärztin und visonärin. Die Biografie. München 2009
Portrait:
Pohl: Adolf Müller, a.a.O., S. 148
Kürschners Jahrbuch Berlin 1899.
Krauss, in: Häntzschel/Bußmann, a.a.O., S. 142
Krauss 2009, a.a.O.

Eigene Publikationen

Publikationen:
Die Frau vor der Wissenschaft. Die Neue Zeit 16( 1898), Bd. 2, S. 251-253
Die Vorbereitung der Frau zur Lebensarbeit (Vortrag, gehalten in der Union für Frauenbestrebungen zu Zürich), Zürich, Leipzig 1899. In: Gertrud Pfister (Hg.).: Frau und Sport. Frankfurt a.M. 1980, S. 224-226, 291
Das Weib und der Stier. Die Neue Zeit 19 (1901), Bd. 2, S. 4 -14
Neue Geschlechtsbahnen. Sozialistische Monatshefte 5(1901), S. 863-867
Eine moderne Frau vor hundert Jahren. Die Neue Zeit 21(1903), Bd. 1, S. 622-627
Die Arbeit der Frau. Sozialistische Monatshefte 9(1905), S. 1031-1037
Das Frauenheim. Bayerisches Ärztliches Correspondenzblatt 9(1906), S. 9-12
Sexuelle Pädagogik. Sozialistische Monatshefte 11(1907), S. 749-760
Das wilde Heer. Sozialistische Monatshefte 12(1908), S. 1166-1172
Mutterschutz. Sozialistische Monatshefte 12(1908), S. 1242-1248
Das Frauenheim in München (Münch. med. Wschr. 56(1909), S. 1622
Beruf und Ehe. Sozialistische Monatshefte 16(1912), S. 1204-1208
Die Arbeit der Frau (in: Zepler, W. (Hrsg.), Sozialismus und Frauenfrage, Berlin 1919
Kriegsgegner in England. München 1915
Anonym: Kriegsgegner in England, Verlag von Birt, München, 1915
Adams, H. B.: Hämoglobinausscheidung in der Niere (Diss. med. Bern 1880). Leipzig 1880: Brockhaus.
Frauenbewegung XXII. Jg. (1916), Nr. 20, S. 79
Mann und Weib. Die Neue Zeit 12(1894), Bd. 2, S. 388-394 u. S. 420-428
Hysterie (Der Lehrerinnenwart. 7(1896), Nr. 9,10,11,12. S.?)
Das Weib in seiner Geschlechtsindividualität. Die Neue Zeit 15(1897), Bd. 1, S. 741-750
Zur Psychologie der Frau. Die Neue Zeit 15(1897), Bd. 2, S. 591-595
Das Frauenbuch. Ein ärztlicher Ratgeber für die Frau in der Familie und bei Frauenkrankheiten, 2 Bde., Stuttgart o. J.
Diskussionsbeitrag zu Schuluntersuchungen (Münch. med. Wschr. 1906, S. 1335)
Zur Hebammenfrage (Zbl. Gynäk. 8(1884), S. 305-310
Frauenstudium und Frauentauglichkeit (Dtsch. med. Wschr. 22(1896), S. 28-29
Wie bleiben wir gesund? Stuttgart 1897
Die Gesundheit im Haus. Eine ärztliche Anleitung für das Verhalten der Frau und Mutter im täglichen Leben und bei Frauenkrankheiten. Stuttgart 1899
Die Unterbrechung der Schwangerschaft. Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft. Bd. 38, S. 173 ff. (zit. nach: Zschr. f. ärztl. Fortbildung 1920, S. 714
Deskriptoren:
SPD
nur Schweizerische Approbation
Sexualaufklärung
Klinik weiblicher Ärzte (o.ä.)
Gesundheitsaufklärung
Approbation im Kaiserreich